Gelehrte haben sich schwer getan, den Mangel an dauerhafteren Wohnsitzen in Qumran zu erklären, aber eine neue Theorie legt nahe, daß das Gelände als religiöser Konkurrent Jerusalems diente
Unter den Zehntausenden von Dokumenten, die im 19. Jahrhundert in der Kairoer Geniza gefunden wurden, einer Sammlung alter hebräischer Manuskripte, waren die größten und wichtigsten ihrer Art zwei Kopien eines rätselhaften handgeschriebenen Manuskripts, das als Damaskus-Dokument bezeichnet wurde.
Es wird angenommen, daß dieses Manuskript im 10. Jahrhundert u. Z. verfasst wurde und göttliche Warnungen, apokalyptische Beschreibungen und religiöse Riten enthält. Ein Teil des Nebels um dieses Manuskript wurde 70 Jahre später mit dem Fund der Schriftrollen vom Toten Meer zerstreut. Eine der Schriftrollen, die in den Höhlen von Qumran gefunden wurden, war das Dokument von Damaskus. Mit anderen Worten, dieser Text stammt von der Sekte, die am Toten Meer lebte.
Nach der Eroberung und Zerstörung Qumrans durch die Römer gelangte eine Kopie der Handschrift nach Kairo und wurde dort offenbar 900 Jahre lang immer wieder kopiert. Dieses Dokument dient als mögliche Lösung für ein weiteres Rätsel – die wahre Natur der Stätte von Qumran.
Die Stätte Qumran am nördlichen Ende des Toten Meeres beflügelt seit 70 Jahren die Phantasie von Forschern und Archäologen. Höhle Nr. 4, die sich in einer Klippe im Nationalpark befindet, ist ein archäologischer Schatz von Weltformat. Die meisten der versteckten Schriftrollen wurden dort gefunden. Auf der anderen Seite der Klippe befindet sich die Stätte selbst, die aus den Überresten großer und beeindruckender Gebäude besteht, darunter eine große Speisekammer, zwei gigantische Ritualbecken (Mikwes), Lagerhäuser und landwirtschaftliche Anlagen.
Der Standort und die Schriftrollen stehen im Mittelpunkt einer langwierigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung über die Verbindung der Stätte mit den Schriftrollen und die Identität der Bewohner der Stätte. Die meisten Forscher identifizieren die Bewohner von Qumran, die dort zwischen dem ersten Jahrhundert v. und das erste Jahrhundert u. Z. mit der Essener Sekte, beschrieben vom Historiker Josephus Flavius.
Eine neue Studie, die diesen Monat in der Zeitschrift „Religions“ veröffentlicht wurde, bietet eine neue Interpretation für die gesamte Fundstätte. Es wird behauptet, daß dies kein ständiger Wohnsitz der Essener war, sondern der Ort einer jährlichen Versammlung. „Wenn Sie Essener waren, mussten Sie einmal im Jahr zu dieser Versammlung kommen, um Ihren Bund mit Gott zu erneuern. Um Tausende von Menschen zu versammeln, braucht man eine Infrastruktur, weshalb man den größten Ritualpool des Landes mit einem großen leeren Platz hat. Ich behaupte, daß dieser Platz der Schlüssel ist“, sagt der Autor der Studie, Dr. Daniel Vainstub, ein Archäologe und Philologe von der Ben Gurion University und dem Israel Museum.
Quelle